Darüber hinaus behält Lafontaine seinen Job als Chef der Bundestagsfraktion, zusammen mit Gregor Gysi. Hatte die PDS bisher immer mit der Fünftprozenthürde zu kämpfen, steht die neue Partei laut Umfragen bei etwa 10 Prozent. Ziehen Sie sich warm an Herr Westerwelle.

Hier zusammengefasst ein paar Pressestimmen:

Mitteldeutsche Zeitung
Sind damit die Weichen für eine mögliche Regierungsbeteiligung im Bund gestellt? Die Hürden, die die Linke etwa mit dem "Raus aus Afghanistan", "Weg mit Hartz IV" oder "Schluss mit dem Rentenklau" aufgebaut hat, sprechen eher für Lust auf Opposition, als für die Bereitschaft, die Last des Regierens zu teilen. Denn zunächst will sich die Partei innerlich festigen und in der Opposition weiter Kraft tanken. Doch bietet sich tatsächlich die Chance zum Mitregieren, ist oftmals auch die Lust urplötzlich da.

Neues Deutschland
In der Kernphysik verhält es sich mit Fusionen folgendermaßen: Bei der Verschmelzung von zwei Kernen kann abstrahlende Energie nur dann entstehen, wenn es einen Massendefekt gibt, das heißt wenn die Masse des neuen, verschmolzenen Kerns kleiner ist als die Summe der beiden Ausgangsmassen. Nun muss man bei Vergleichen naturwissenschaftlicher mit politischen Phänomenen vorsichtig sein, wie bei Vergleichen überhaupt. So manche Ableitung lässt sich mit wenigen Handgriffen auch denunzieren. Dennoch ist an dieser Stelle und zu diesem Datum erlaubt zu sagen: Wenn bei dem zweijährigen Prozess der Fusion von Linkspartei und WASG der eine oder die andere auch nicht mitgehen mochte und dies den Organisatoren Kummer und Bauchschmerzen bereitet hat - die nun stattgefundene Verschmelzung zur neuen Linken hat eine Energie freigesetzt, die unmittelbar in das gesamte Parteienspektrum und in die Gesellschaft ausstrahlt. Wenn nicht diese beabsichtigte gesellschaftliche Wirkung im Mittelpunkt des Fusionsprozesses gestanden hätte, sondern die Rücksichtnahme auf jedes Bedenken und jeden Vorbehalt innerhalb der Teilmassen, dann wäre heute nicht von einem historischen Ereignis zu reden, das am Wochenende in Berlin stattfand. Ein solches ist es durchaus. Die heftigen Reaktionen der politischen Konkurrenz haben dies ebenso unterstrichen wie die bereits auf dem Parteitag spürbar gewordene Tatsache, dass diese neue Linke zu einem völlig neuen Anziehungspunkt für das linksgewerkschaftliche und linksintellektuelle Spektrum werden kann. Das ist es schließlich, was die Erstgenannten sorgt: Dass eine linke Partei in Deutschland es verstehen könnte, sich selbst als Instrument sozialer Empörung und der Wiederbelebung von eingreifender Emanzipation zu erzeugen, die die Leisetreterei und die sprachlichen Tabus durchbricht, die dem Strom der Deregulierungen und Demontagen - sozialer wie rechtsstaatlicher - ein lautes »Es reicht! Wir wollen es anders!« entgegenruft. Die die Forderungen nach Mindestlohn und den Protest gegen Altersarmut, die Forderung nach einer gerechten Weltordnung und den Protest gegen Kriegsbeteiligungen verknüpft mit einem öffentlichen Nachdenken darüber, woran und an wem es denn liegt, wenn Freiheiten, Möglichkeiten und Glücklichkeiten so ungleich verteilt sind. Die sich, wenn es die begründete Vermutung eines Fehlers im System gibt, auch nicht auszusprechen scheut, dass es dann wohl dieses System ist, das einer gründlichen Überholung, wohl eines Wechsels bedarf. Fausto Bertinotti, Vorsitzender der Europäischen Linken, empfahl der neuen Partei DIE LINKE zweierlei auf ihrem Gründungsparteitag: Vernunft und Leidenschaft. Und pfiffig: Die Doppelspitze hat sie für beide Töne.

Stuttgarter Nachrichten
Wohin die Reise geht, ist unklar. Lafontaine und viele Westlinke halten gnadenlos Abstand zur SPD; ein Großteil der Ostlinken dagegen hoffen, an der Seite von Sozialdemokraten und Grünen mitzuregieren. Was heißt: Diese Linke wird die Zukunftspläne der anderen Parteien mitprägen - auch die im bürgerlichen Lager. Die Landtagswahlen 2008 in Hamburg, Hessen oder an der Saar werden zeigen, wie stark.

Südwest Presse
Wer die neue Linkspartei nicht eine ernsthafte Konkurrenz für SPD und Grüne wie für das bürgerliche Lager nennt, ist entweder naiv oder spricht wider besseres Wissen. Über den ostdeutschen Staatssozialismus hat die Geschichte abschließend geurteilt. Aber das bedeutet nicht, dass die Parolen der Postkommunisten oder die antikapitalistische Kritik westdeutscher Globalisierungsgegner und Gewerkschafter

keinen Nährboden mehr fänden. Das Heer von DDR-Nostalgikern, Kleinrentnern und Arbeitslosen bietet, neben überzeugten Linkssozialisten, eine ausreichend große Projektionsfläche für den Populismus, den Oskar Lafontaine und Gregor Gysi meisterhaft verkörpern. Die Geschäftsgrundlage dieses Männerbundes ist einfach: Lafontaine verschafft den SED-Erben - ähnlich wie CDU und FDP gleich nach der Wende den "Blockflöten" - eine neue Legitimation, Gysi bietet seinem Partner eine stabile Organisationsplattform, auf deren Grundlage die Linke ihren Kampf um Platz drei in der Parteienhierarchie mit Aussicht auf Erfolg führen kann. Nein, diese Gruppierung ist kein Popanz, den man leicht entzaubern kann. Wenn Union und SPD keine Mittel finden, soziale Ungleichgewichte zu beheben, neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen und die Furcht vieler Menschen vor den Folgen einer ungezügelten Weltwirtschaft zu mildern, wird "Die Linke" sich dauerhaft breit machen.